Freitag, 20. April 2012

Fortschritt - What Fortschritt?

Scobel, das wars jetzt aber mal.
Es gibt Leute, die ich sehr schätze, die Sie sehr schätzen. Aber das Erste macht das Zweite für mich noch lange nicht möglich.
Besonders nach der gestrigen Sendung (19.4.12) „Fortschritt - Immer gut?“.
Da sitzen dann ein Autor, ein Philosoph und ein Sozialwissenschaftler mit Ihnen, Moderator (alle Bezeichnungen von der 3sat-homepage), zusammen und... tja, was... ach ja, reden.

Vorher, als Appetitmacher oder zur Einstimmung, ein paar-Minuten-Film. Eine Zeitreise durch die Geschichte der Menschheit, entlang hangelnd an markanten Fortschrittspunkten, an sog. großen Entdeckungen und Entwicklungen wie Auto, Strom, Buchdruck, Atomkraft, Newtons Schwerkraftgesetze, Penicillin, E=mc², Industrialisierung im Allgemeinen etc. Letztere wurde durch eine Maschine dargestellt, die Teile eines Bügeleisens automatisch herstellt.

Nach dem Film stellt Scrobel irgendeine Frage, die aber wie in der jeder guten Diskussionssendung erst mal von niemandem beantwortet wird.
Der Autor, als erster, bemängelt, dass in dem Trailer keine Frauen vor kamen. Korrigiert sich dann „Doch, zweimal: Einmal als Krankenschwestern und einmal durften sie rennen während der Französischen Revolution.“
Und was ergänzt Scobel: „Und indirekt durch das Bügeleisen.“ (8:40)
Und niemand reagiert. Die Jungs babbeln einfach weiter. Der Autor meint noch nickend „Genau“.

Geht’s noch?

Irgendwie scheint Scrobel aber aufgefallen sein, dass das was schief war.
Bevor der Philosoph als zweiter Redner in der Herrenrunde dran kam, benennt er kurz die wissenschaftliche Sichtweise des Filmes, die versucht, den Fokus auf die einzelnen Entdeckungen zu legen und nicht darauf, wer sie gemacht hat. Nennt das „die Brille der Wissenschaften“ und schiebt die Schuld solcher Sichtweisen mal schön von sich weg.

Dann kommt der Philosoph, der als Problem des Filmes sieht, das dort versucht wird, „die ganz große Perspektive auf zumachen“ (9:40. Ich nenne so was ja gerne die Guido-Knoppisierung), was aber nicht den Zusammenhängen entspräche, in denen „wir“ normalerweise über Fortschritt sprechen. Er versucht es herunter zu brechen, dass „wir, die westliche Welt“, mit einem zustimmenden Nicken zu dem Autor und dessen Nur-Männer-in-dem-Film Kommentar, in kleineren Dimensionen sprechen.
Und Scobel? „Wir haben versucht Frauen einzuladen, so ist das nicht.“ Halb entschuldigend, halb grinsend.

Da ist mir dann der Kragen geplatzt.

Es gibt Menschentypen, da erwarte ich, leider, kein reflektiertes Denken. Aber schlimm wirds für mich, wenn scheinbar intellektuelles (Manns-)Volk immer noch nicht in der Lage ist zu verstehen, dass wohl gemeint letztlich doch nur schlecht gemacht ist. Und solche Sprüche immer noch tiefe patriarchale Wurzeln haben.
Wahrscheinlich habe ich so was auch. Bestimmt, bin ja auch im „wir, der westlichen Welt“ aufgewachsen. Und natürlich prägt das. Aber Entschuldigung, ich setz mich dann nicht ins Fernsehen und laber rum.

Später kam dann noch „ein kurzer Überblick über die Geschichte des Nachdenkens über Fortschritt“ (15:15). Das war mir dann doch zu viel Knopperei und ich hab mich schöneren Dingen gewidmet - ich hab den Fernseher ausgemacht.

Wer die Sendung selbst mal sehen will kuckt hier in der 3sat mediathek. Einbetten in den Block geht leider nicht.

So, genug aufgeregt. Jetzt gehts mir besser.

Und, um auch mal jemanden zu zitieren:

Ich werde der unmögliche Mensch bleiben, solange die jetzt möglichen Menschen so bleiben, wie sie sind.“ (Michail Alexandrowitsch Bakunin)

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