Donnerstag, 10. Februar 2011

Vive Reiser! - Nachlese

Ich habs angekündigt, und ich war da.
Ohjeminehohjemineh.
War das, ums auf den Punkt zu bringen, eine Scheißveranstaltung!!

20 min. hab ichs ausgehalten, dann gings nicht mehr.

Okay, von vorne.

19 Uhr Eröffnung der Ausstellung "Vive Reiser!" zum 70sten Geburtstag von Jean-Marc Reiser, dem großen französischen Comiczeichner, in der Frankfurter caricatura.
20 vor 7 war ich da, in der Hoffnung noch zwei Sitzplätze zu ergattern. Pustekuchen, das Ding war schon rappelvoll. Und die geschätzt 20 Stühle waren alle reserviert. Okay okay, hätte ich mir ja denken können. Wenigstens hats keinen Eintritt gekostet. Ist bei der caricatura leider nicht üblich, Vernissage hin oder her, ist des öfteren leider meine Erfahrung gewesen.
Gut, ich also hoch in den ersten Stock auf die Empore. Logo, auch schon voll.
Ist ja einerseits toll, und auch lange überfällig, das Reiser gewürdigt und von vielen geschätzt wird.
Aber was ich absolut nicht verstehe: bei mind. 80% der Leute kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die mit Reiser irgendwas anfangen können.
Das die seinen Witz verstehen, seinen Humor kapieren.
Mit diesem Publikum hätte ich gerechnet, als Walter Wallmann vor 2 Jahren zum Ehrenbürger von Frankfurt/W. gemacht wurde. Aber doch nicht hier, bei Reiser.
Frankfurter Premierenpublikum, muffig, spießig, toupiert - ich glaubs nicht.
Ich war so irritiert, dass ich völlig vergaß Fotos zu machen. Aber der Hessliche Rundfunk war ja dabei (Ankündigung der Ausstellung hier) und will am 10.Februar um 22:45 einen Bericht über die Ausstellung bringen. Mal sehen, wie die das rüber bringen. (Presse: FNP, Journal, Tagesspiegel, Spiegel, FR)

Jetzt stand ich also zwischen lauter Leuten, die, wenn sie in einem normalen Derrick mitgespielt hätten, nicht aufgefallen wären. Vorne eine kleine Bühne mit Pult, und direkt neben dran, quasi als Leitbild, folgende Zeichnung auf Postergröße:

Ist diese Szenerie jetzt Surrealismus?

Na gut, ich warte auf die Reden.
Es war mir klar, dass ich heute Abend nicht mehr dazu kommen werde, mir die Ausstellung anzuschauen. Rund 240 Stücke sollen es sein, und davon sind die meisten mehrbildrige und -zeilige Werke, überwiegend mit Text. Comics halt.
So was sich bei einer überfüllten Vernissage anschauen zu wollen, grenzt an Größenwahn oder an Realitätsverlust.

Die Reden...

Angefangen hat, wenn ich mich nicht täusche, der Kulturdezernent Semmelroth. Der wäre in einem Derrick, den ich schreiben würde, das erste Opfer. Tod durch Langeweile.
Was aber viel schlimmer war, war die Tonanlage. Alle 4 Sekunden, ich hab mitgezählt, ist sie ausgefallen. Nicht dass das Opfer dies gemerkt hätte. Vielleicht hat es ihn auch einfach nicht interessiert. Er hat sich ja sowieso permanent WÄHREND seiner Rede zu den Ehrengästen um- und vom Mikrofon weggedreht, da wäre auch eine funktionierende Anlage keine Hilfe gewesen. Es hätte nur meinen Ohren etwas weniger weh getan. Ständiges Knacksen, an/aus, hin/weg, ätzend.

Dann kam Achim Frenz, Leiter des Museums. Der hat das mit der Anlage wenigstens kapiert. Genutzt hat das aber auch nicht viel, wurde nicht besser.
Zentral in seiner Rede war die Aufzählung all der Leute, die Reiser schon sooooo lange kennen und ihn in Deutschland gefördert haben und ihn als allerallererste unterstützt haben.
Diese Selbstbeweihräucherung ging mir massiv aufn Sack. Und vor den ganzen Derrick-Statisten kam mir das sehr einschleimend vor, widerlich.
Da hats mir gelangt, und ich habe versucht, mich durch die Menge zu quetschen, raus. Was nicht einfach war. Während dieser Tortur hat Michèle Reiser, die Witwe, noch etwas erzählt. Irgendjemand hat das auch übersetzt, aber mir kam dies nur wieder wie eine Aufzählung von Namen vor.
Ich hab mich dann noch etwas im Museumsshop rum gedrückt und eine Fil & Sharky DVD gekauft (yes!!). Und mich fast mit einer der Angestellten dort angelegt. Aber egal, eigentlich wollte ich nur noch raus.
Und Alice Schwarzer wollte ich dann auch nicht mehr hören. Aber die taucht ja nachher im Fernsehen auf, das wird dann schon langen.

Zusammenfassung:
Meiner Meinung nach hat Reiser genau gegen die Leute angeschrieben und -gezeichnet, die vorhin bei der Vernissage war. Ich konnte richtig hören, wie er sich im Grab umdrehte.
Genauso wie z.B. Sid Vicious, als Beckham mit seinem Pseudo-Iro rum gelaufen ist und die Medien dies gepusht haben.
Oder ähnlich absurd wie Che Guevara T-Shirts von Ha und Em.

Ich verstehs einfach nicht. Wieso waren die Leute da? Mein Vorurteil- und Schubladenfilter sagt mir eindeutig, dass die nicht verstanden haben, worum es Reiser ging.
Und dafür stehen die mir im Weg? Kotz!!!

PS: ein kleines schnell zusammengestelltes Best of Reiser gibts hier.

Viel Spaß dabei, ich brauch jetzt dringend was zu trinken. Aber hallo...

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